Hinter den Kulissen: Trainer Bernd Facklam wird 65

„Die Technik muss zwingend sein!“ – Präzise, pünktlich und perfektionistisch: so kennen die Vereinsangehörigen der Sportvereinigung Polizei  Hamburg (SVP) ihren Ju-Jutsu- und Karatetrainer Bernd Facklam. Im November feierte er seinen 65. Geburtstag.

Während sich die Kinder mit den Liegestützen mühen, ruft Bernd: „Ichi! Ni! San! Shi! Go … !“ Er zählt auf Japanisch, weil ihm die Herkunft des Sports wichtig ist; er hat selbst vier Wochen in Japan trainiert. Auch am 28. November 2023, seinem 65. Geburtstag, steht er auf der Matte. Wie immer im leuchtend weißen Gi, das silberne Haar ordentlich gescheitelt, bis in die Fingerspitzen gepflegt. Sein Gürtel ist schwarz, obwohl er rot-weiß sein müsste, wie es sich für einen 6. Dan im Ju-Jutsu gehört. „Aber diesen Gürtel habe ich zu meiner Prüfung zum 3. Dan im Karate von Sensei Kase überreicht bekommen und möchte keinen anderen tragen. Außerdem will ich nicht aussehen wie eine Bahnschranke; das mache ich nur im Dezember, dann ist das mein Weihnachtsgürtel.“

Bernd Facklam beim Kindertraining im Budocentrum Hamburg

Seine Einheit beginnt mit einem kräftigen „Hajime!“ Angegrüßt wird auf Knien. Anschließend rennen die Kids um orange Kegel, einer in jeder Ecke. Wer einen Kegel umwirft, muss an der Seite fünf Liegestütze machen. Bernd orchestriert die Kinder mit Wertschätzung und Strenge. Er lobt mit deutlichen „gut gemacht“ und mahnt gleichzeitig die Ordnung an. Nach den Rollen („sie enden im Stand!“) und den Stürzen („auch hier will ich was hören, ordentlich abschlagen!“) folgen einfache Schrittdrehungen („90 Grad, wir schauen alle zum Fuji“) und Doppelschrittdrehung: „Ihr müsst die Bewegungslehre im Schlaf können!“

Nach seiner Meisterschülerin gefragt, nennt er Marion. Die 51-jährige hat kürzlich die Prüfung zum 3. Dan bestanden. Sie kam vor 24 Jahren als Braungurt zu ihm. „Bernd ist immer korrekt, mit Etikette. Seine Techniken sind akkurat. Aus der Fortgeschrittenengruppe konnte ich fast jedes Mal etwas für mich mitnehmen und er ist immer auf Wünsche eingegangen.“ Angefangen hat Bernd mit Ju-Jutsu. Nach der Mittleren Reife, mit 16, zog er ein Jahr lang von Montag bis Freitag in die Polizeischule der Polizei, damals Pflicht für die Auszubildenden. Trainiert wurde in der CC-Sporthalle, bei Gerd Schröder, auf Steinboden. Später gehörte Bernd zu den ersten Vereinsangehörigen des Budocentrums. Er machte sich auch für den Hamburger Verband verdient: Viele der heute Hochrangigen im HJJV haben früher bei ihm trainiert. Auf Bernd gehen auch die ersten Besuche der französischen Kampfkunst-Legende Alain Sailly zurück.

Bernd Facklam in den 1990ern

Mittlerweile ist Bernd seit 42 Jahren in der SVP. Mit am längsten kennt ihn Vorstandsmitglied Christian Marek. „Wir haben früher oft miteinander trainiert, auch bei Lehrgängen; sehr intensiv, sowohl konditionell als auch technisch“, erinnert er sich. „Wir sind danach oft auf den Swutsch gegangen, haben das Bierdorf in Pöseldorf oder das Landhaus Walter im Stadtpark unsicher gemacht und Weizenbier gezischt. An Wochenenden fuhren wir an die Ostsee und haben am Strand den Mister Haffkrug ausgerufen. Heute ist Bernd ein gewissenhafter, fordernder Trainer, der auf korrekte Fertigkeiten sehr viel Wert legt.“ Längst ist Bernd auch verheiratet, er hat eine Tochter und zwei Enkelkinder. Seit 2018 ist er in Pension. Früher arbeitete er nebenberuflich als Model. 2000 sprach ihn Judotrainer Werner Zillmann an, die Firma D2 suchte vorzeigbare Männer mit drei Eigenschaften: körperliche Fitness, keine Angst vor Feuer und die Fähigkeit, mit echten Waffen zu schießen. Werner und Bernd gingen zum Casting, dann drehten sie in der Werft von Blohm und Voss. Es folgten Fotos für die Setcard und neun Zusagen von zehn Hamburger Agenturen. Bis 2015 flog Bernd durch Europa, zu Shootings in Spanien und Italien und landete als vermeintlicher Chefarzt auf dem Cover des Focus.

Bernd Facklam und Christian Marek beim Training früher

Ju-Jutsu und Karate: Für ihn ergänzen sich die japanische Kampfkunst und das pragmatische deutsche Selbstverteidigungssystem gut. Seine geistige Haltung stammt dabei aus dem Karate: „Disziplin ist der Kern. Sauber arbeiten und weitermachen, auch wenn es mal weh tut oder man nicht gut drauf ist.“ Er war neun Jahre lang Wettkämpfer und wurde in den 1990ern Hamburger Meister. Als Nachfolger von Janusz Knapczyk, 6. Dan, führt Bernd seit 2003 die Karate-Sparte. Er hat seit 2011 die Trainer A Lizenz. In den Fortbildungen dafür, alle zwei Jahre, steht heute die Pädagogik im Zentrum. Es gilt beispielsweise zu verstehen, warum manche Kinder ständig stören. Ebenso wichtig sind die Prävention von Missbrauch im Sport, die Aufweichung traditioneller Rollenbilder und die Frage, wie bei einem Kontaktsport mit Machtgefälle Techniken am Boden gezeigt werden können.

Was sich ebenso verändert hat: „Ich beobachte, dass die Leute zügig weiter kommen wollen“, sagt Bernd. „Aber das harte Arbeiten, über Wochen und Monate, ist nicht mehr so da. Viele Kurse sind toll und top besucht, doch die Teilnehmenden hören schnell auf, weil sie den Sport zu schwierig finden.“ Knut Riedel, 5. Dan Karate, 1. Dan Ju-Jutsu, ist einer von denen, die ein Stück des harten Weges mitgegangen sind: „Bernd macht Ju-Jutsu so, wie man es vom klassischen Karate kennt: präzise. Dazu gehört die Position im Raum, der Stand, die Techniken, die Übergänge, die Griffe. Wenn alles stimmt, ist die Technik zwingend – und ich weiß genau, wie sich das bei ihm anfühlt.“

Im Dojo 1 sitzen die Kinder mittlerweile im Kreis. Zwei sollen einen Schleuderwurf vorführen. „Euer Partner sollte nicht mit einer roten Wange nach Hause gehen, jeder ist Partner bei jedem, ihr seid Freunde“, sagt Bernd. Am Ende knien wieder alle zum traditionellen Gruß ab: „Mokuso Yame. Rei!“  Draußen warten die Eltern. Fragt man einige, wie sie ihn als Lehrer wahrnehmen, fallen Worte wie fair, zuverlässig, geduldig und alte Schule. An seinem Geburtstag singen sie ein Ständchen und überreichen eine Tüte mit Geschenken. Auch wenn Bernd bald sein 50-jähriges Mattenjubiläum feiert, macht ihm das Unterrichten weiter Freude, genau wie das Lernen: er peilt den 4. Dan im Karate an. Herzlichen Glückwunsch, lieber Bernd! Text: Heide Fuhljahn (SVP), Knut Riedel (SVP) / Fotos: Heide Fuhljahn (SVP), Christian Marek (SVP), Bernd Facklam (SVP)