Lehrgang, Debüt, Laudatio

Verteidigung mit den Palmstick/Kubotan, mit drei Referenten und einem 90-jährigen Ju-Jutsuka, der alle überrascht. Der diesmal etwas andere Ju-Jutsu Landeslehrgang im Budocentrum Hamburg.

Am 27. August 2022 veranstaltete der Hamburgische Ju-Jutsu Verband (HJJV) den Lehrgang „Verteidigung mit den Palmstick/Kubotan“ im Budocentrum der Sportvereinigung Polizei Hamburg (SVP). Den rund 50 Teilnehmenden stehen die drei hochgradigen Referenten Michael Richter, 8. Dan Ju-Jutsu (HJJV), Jens Keckstein, 7. Dan Ju-Jutsu (HJJV)und Kay Landeck, 3. Dan Ju-Jutsu (SVP) gegenüber.

Ju-Jutsu Lehrgang „Verteidigung mit den Palmstick/Kubotan“ im Budocentrum Hamburg am 27.08.2022

Lehrgang mit Debüt

Die Referenten teilen sich jeweils für eine Stunde das Feld bzw. das Dojo. Drei Referenten, drei Ansätze, drei Erfahrungshorizonte, ein gemeinsames Konzept. Michael Richter beginnt damit, die vielseitigen Einsatzmöglichkeiten des Kubotan/Palmstick darzustellen. In seinen Ausführungen weist er auch sehr eindringlich und detailliert daraufhin, unter welchen Bedingungen des geltenden Waffengesetzes diese Art der Verteidigung in welcher Form im öffentlichen Raum angewendet werden darf. Als Kubotan bezeichnet man einen kurzen Stock oder Stab, der mit einer Länge von 13 bis 15 cm als Schlag- und Druckverstärker genutzt wird. Aber auch Alltagsgenstände wie Filzschreiber, Schlüssel, Pillendosen, Feuerzeuge, Löffel etc. können genutzt werden. Unterschiedliche Griff- und Schlagvarianten, lösen dabei starke Schmerzreize bei der gegnerischen Person aus.

Mit Focus auf die Ju-Jutsu-Bewegungslehre, zeigt Michael Richter, wie er im besten Fall in einem ungefährlicheren bzw. günstigeren Winkel zur angreifenden Person und somit in eine für ihn bessere Position gelangt.

Darauf aufbauend zeigt Jens Keckstein im zweiten Teil Drills aus Schlagtechniken und Weiterführungen, aufgrund unterschiedlicher Angriffe. Ziel ist es, die möglichen Reaktionen des Angreifenden so auszunutzen, um in einen Flow zu gelangen, der für die sich verteidigende Person zu einem sinnvollen Abschluss und zur Beherrschung der Situation führt.

Im dritten Teil kommt Kai Landeck zum Zug. Für Kay, seines Zeichen Ju-Jutsu und Escrima-Trainer im Budocentrum Hamburg, ist es ein Debüt, denn er steht zum ersten Mal als neuer Referent für den HJJV auf der Matte. Mit technischer Brillanz und schelmischen Humor, verschmilzt Kay die vorangegangenen Techniken mit weiteren eigenen. Am Ende passt alles in Kombination mit Angriff und Verteidigung zu eingängigen Flows zusammen. Aus Sicht der Veranstalter und der Ausrichter war der Lehrgang ein voller Erfolg und lässt auf weitere hoffen.

Laudatio und Ehrung

Das Highlight des Tages ist aber die Ehrung eines besonderen Vereinsangehörigen der SVP. Unter einem Vorwand hat man “Ekki” – Ekkehard Krönke ins Budocentrum gelockt. Der vor kurzem 90 Jahre gewordene Ekki hatte beschlossen, sich aufgrund seines Alters aus dem aktiven Ju-Jutsu-Sport zurück zu ziehen und sich fortan nur noch auf altersgerechten Kraftsport im Budocentrum Hamburg zu konzentrieren. Diese Entscheidung respektierend, hatte sich die SVP und der HJJV eine besondere Überraschung überlegt. Als Präsident des Hamburgischen Ju-Jutsu Verbandes ehrt Jens Keckstein den verdutzten Ekki vor versammeltem Lehrgang mit dem 3. Dan im Ju-Jutsu.

“Ekki” – Ekkehard Krönke, aus der SV Polizei Hamburg, bekommt mit 90 Jahren den 3. Dan im Ju-Jutsu verliehen

In seiner Laudatio erinnert Jens noch einmal an die Eckpunkte des sportlichen Rentners und daran, dass Ekki für alle ein Vorbild in Sachen Sport, Disziplin und Durchhaltevermögen ist. Mit Mitte 60 hat Ekki 1996 begonnen, Ju-Jutsu zu betreiben. Zielstrebig wie er ist, hat er seine Prüfungen bis zum 1. Dan (Schwarzgut) 2003 durchgezogen. Der 2. Dan folgte 2015. Sport war und ist dem Familienmensch, Maschinenbauingenieur und Diplom Betriebswirt immer schon wichtig gewesen. Als Jugendlicher war er bereits Hamburger und Schleswig-Holsteiner Vizemeister auf der Mittelstrecke. Mit seiner gleichaltrigen Laufgruppe, die „Schnellen Waden“ joggte er 45 Jahre einmal die Woche 5000 Meter durch den Stadtpark. Aus der Laufgruppe die „Schnellen Waden“ wurden im Laufe der Zeit die Laufgruppe die „Harten Waden“, welche die Strecke nun geht – regelmäßig. Beständig wie ein Uhrwerk kommt der Ju-Jutsu Meister dreimal die Woche zum Training ins Budocentrum der SVP Hamburg. Das soll auch in Zukunft so bleiben, aber dann im Kraftraum, in welchem er immer noch regelmäßig seine Paradedisziplin, Klimmzüge, durchzieht.

Und dass es Ekki auch geistig drauf hat, beweist er eindrucksvoll nach Jens´ Ausführungen. In einer rund sechsminütigen, freien Rede hält nun Ekki im Gegenzug über seine SVP und seine Sportsfreunde eine spontane Laudatio, die manchen der Anwesenden einen rührenden Kloß in den Hals treibt: „Wenn man über 25 Jahre in einem Verein trainiert hat und dort so viel Kameradschaft und Sportfreundschaft erlebt, dann ist es etwas Besonderes. Ich danke für dieses große Stück Lebenszeit, die ich mit euch verbringen durfte und für die tolle soziale Leistung der SVP, alt und jung zusammen zu bringen“. Gemäß Ekkis Credo: „Es soll alles Spaß machen” ist und bleibt Ekki ein großartiges Vorbild dafür, dass eine tolle und gleichberechtigte Gemeinschaft über alle Generationen gelebt werden kann. Am Ende läßt es sich Ekki nicht nehmen, sich in den Gi zu werfen und stolz den schwarzen Gürtel anzulegen. Text und Fotos: Andreas Rasche (SVP)

Weitere Infos siehe auch: Hamburgischer Ju-Jutsu Verband 

Fotogalerie Ju-Jutsu Lehrgang „Verteidigung mit den Palmstick/Kubotan“ im Budocentrum Hamburg am 27.08.2022