„Kata ist so unglaublich brutal“ – gelungenes Karate-Lehrgangs-Debut von Christian Wedewardt in Hamburg

Vom 1. bis 3. März 2024 gab der Karate-Meister und Selbstverteidigungs-Experte Christian Wedewardt (6. Dan SOK DKV, 6. Dan WCA) einen „Kombi-Lehrgang“ in Elmshorn und im Budocentrum der Sportvereinigung Polizei Hamburg (SVP), der trotz großer Termin-Konkurrenz sehr gut besucht wurde.

Christian zählt zu den international profiliertesten und innovativsten Vertretern des „Practical Karate“ – einer Stilrichtungs-übergreifenden Bewegung, die die überlieferten Karate-Katas als Basis für effektive Selbstverteidigung interpretiert. Die Herausforderung bei diesen Interpretationen besteht allerdings darin, dass diese Katas als eine große Sammlung von Bewegungs-Sequenzen mit vielen Variationen in verschiedenen Karate-Stilen, ohne klare Ordnung und ohne „Lese-Anleitungen“ daherkommen. Generationen von Karate-Meistern und -Meisterinnen haben ihre eigenen Auslegungen der Bedeutung der Bewegungen geliefert, doch allzu häufig müssen sich diese die Kritik gefallen lassen, unverbundenes „Stückwerk“ zu bleiben oder gar für eine realistische Selbstverteidigung ungeeignet zu sein. Der / die moderne Karate-Ka steht so vor der Herausforderung, herauszufinden, welche Interpretationen ihr / ihm selbst sinnvoll und passend erscheinen. Verschärft wird diese Problematik noch, wenn Trainerinnen und Trainer aufgefordert sind, „ihre“ Interpretationen geordnet und pädagogisch sinnvoll an die nächsten Generationen weiterzugeben.

In Aktion: Christian Wedewardt (rechts) im Budocentrum Hamburg

An dieser Stelle leistet der Zugang von Christian Wedewardt eine große Hilfe: Mit seinem „Heian Kata Bunkai System“ stellt er die ersten fünf Katas des Shotokan Stils als Reihe dar, in der aufeinander aufbauend technische und taktische Lernziele vermittelt werden – während etwa in der ersten Kata Heian Shodan nur frontal vor dem Gegenüber gearbeitet wird, geht die die zweite Kata Heian Nidan einen Schritt weiter und nutzt Positionen aus den Winkeln und hinter dem Gegenüber. Diese systematische und pädagogische Analyse, die jede einzelne Kata mit einem eigenen „Motiv“ versieht, hat Christian inzwischen für mehr als ein Dutzend der 26 Shotokan Katas ausgearbeitet. Dieses Wissen vermittelt er durchgängig mit Partner-Übungen, viel Humor und einer konsequenten Selbstverteidigungs-Haltung, die nicht die „schöne Form“, sondern buchstäblich den „sichtbaren und hörbaren Effekt“ am Gegenüber in den Mittelpunkt stellt.

Volles Dojo am Freitagabend zum 1. Sonder-Mastertraining des HKV im Budocentrum Hamburg. Links außen: Christian Wedewardt und die Organisatoren Axel Fichtner und Knut Riedel (Foto HKV)

Am Freitagabend startete Christian im Budocentrum mit einem kompakten Überblick über sein Heian Kata Bunkai System. Die Organisatoren Axel Fichtner (SV Lieth / Elmshorn, 2. Dan Karate) und Knut Riedel (SVP, 5. Dan Karate, 1. Dan Ju-Jutsu) hatten dieses Training gemeinsam mit dem Breitensport-Referenten des Hamburger Karate Verbandes (HKV), Michael Dück (5. Dan Karate), als kostenloses „Sonder-Mastertraining“ für Schwarzgurte und Training gebenden Braungurte konzipiert. Das Interesse war ausgesprochen hoch und viele der ca. 30 hochrangigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer nahmen auch im Anschluss noch die Gelegenheit wahr, Details und weitere Gedanken im Vereinsrestaurant Budopoint mit dem „Meister“ auszutauschen.

Am Samstag ging es dann in Elmshorn weiter. Christian startete (wie bei seinen Lehrgängen üblich) mit einer Einheit für Kinder. Danach ging es für die Erwachsenen an die Interpretation der Kata Sochin, als deren zentrales Motiv Christian die Verteidigung einer kleineren Person gegen eine größere darstellte. Rasant folgte nach der Mittagspause ein vertiefender Vergleich der Basis-Katas Heian Nidan und Heian Yondan, wobei Christian Heian Yondan als Transfer der taktischen Prinzipien der Heian Nidan in den Nahkampf interpretierte. Abgeschlossen wurde der Trainings-Tag mit einer Runde „Pratzen-Geballer“, zur Entwicklung und Steigerung der Wirkung der eigenen Techniken mit Hilfe von Schlagpolstern. Auch hier konnten die teilnehmenden Karate-Ka wieder viele Tipps ebenso zum wirkungsvolleren Schlagen wie zum „richtigen“ Halten der Pratzen mitnehmen.

Den Abschluss des Kombi-Lehrgangs bildeten am Sonntag zwei weitere Einheiten im Budocentrum Hamburg. Hier standen zunächst die Katas Bassai-Dai und Bassai-Sho im Mittelpunkt, deren Motiv Christian als „konsequentes Einnehmen des Raums zwischen Angreifer und Verteidiger“ versteht. Während Bassai-Dai dies überwiegend mit „konventionellen“ Karate-Techniken realisiert (Verteidigungs-, Schlag- und Stoßtechniken), nutzt Bassai-Sho dazu mehr Wurftechniken. Nach dem Mittagessen folgte dann das Finale mit einer Einführung in Christians „5 Schritte Karate-SV System“.

Christian Wedewardt durchweg zufrieden im Budocentrum Hamburg

Auch hier findet sich wieder eine leicht verständliche systematische Ordnung, die von „300% Schutz“ über „First things first“ und dem konsequenten „Bearbeiten“ des  Gegenübers zu „Dominanz“ und schließlich einem „360 Grad Scan“ reicht. Wieder konnte Christian, der breite Erfahrungen auch im Vollkontakt-Karate und anderen SV-Systemen gesammelt hat, mit oft kleinen, zielgerichteten Hinweisen wie „mit dem Knie nicht in den potenziell geschützten Bauch angreifen, sondern lieber die immer ungeschützten Oberschenkel“ den Teilnehmenden „neue“ Perspektiven geben, die er jedoch immer konsequent in den Karate-Kontext einordnete. „Ganz viele Prinzipien der angeblich ‚neuen‘ Selbstverteidigungs-Systeme stecken schon in den ‚alten‘ Katas drin – man muss sie nur erkennen“, war Christians Fazit. Und: „Kata ist so unglaublich brutal und effektiv“, ergänzte er mit einem breiten Grinsen.

Kata-Anwendungs-Training konsequent am Partner

Nicht fehlen durfte natürlich auch die Sightseeing-Tour am Samstagabend. Christian und seine Frau Christina sowie eine größere Gästegruppe aus Strausberg (Brandenburg) waren absolut angetan von Hamburgs Prunk und Pracht: vom Jungfernstieg ging es über den Innenhof des Rathauses und die Innenstadt bis zur Elbe und an der Speicherstadt vorbei schließlich ins Gröninger, einer der ältesten Privatbrauereien Hamburgs.

Die Organisatoren zogen ein durchweg positives Fazit: „Mit ungefähr 30 Teilnehmenden am Freitag, 50 am Samstag und 40 am Sonntag haben wir eine echt tolle Beteiligung erzielen können – und dass trotz einer Menge Konkurrenz-Veranstaltungen in Hamburg und der näheren Umgebung“, sagte Axel. Und Knut: „Nachdem Christian bereits im letzten Jahr in Elmshorn gewesen war, hat er nun ein gelungenes Debut in Hamburg gehabt. Insbesondere das kostenlose Mastertraining am Freitag hat viele Leute angelockt, die ihn bisher noch nicht kannten oder live erlebt hatten. An der lockeren Stimmung konnte man erkennen, wie gut er und seine Art, Karate zu verstehen, hier angekommen sind.“ Der einzige Wermutstropfen: Leider verletzte sich ein Teilnehmer am Sonntag so stark, dass er das Training vorzeitig abbrechen musste. Wir wünschen gute Besserung!

Obligatorisch: Ein Budocentrum Hamburg T-Shirt als Geschenk an die Gäste, v.l.: Christina und Christian Wedewardt sowie Gastgeber Knut Riedel (SVP)

Auch Christina und Christian Wedewardt waren vollauf begeistert von Organisation, Spirit sowie der großen und der etwas kleineren Stadt im Norden. Ein Termin für den nächsten Lehrgang ist schon vereinbart: 28. bis 30. März 2025.

Und noch ein Highlight darf nicht unerwähnt bleiben: Für das kulinarische Wohl am Sonntag sorgte ein riesiger Stapel Muffins, den die Mutter von Wolfgang Müller (1. Vorsitzender des Budocentrums der SVP) gebacken hatte. Diese verschwanden nicht nur in Rekordgeschwindigkeit, sondern Nachschub wurde auch arg vermisst. Text: Knut Riedel (SVP); Fotos: Andreas Rasche (SVP), Michael Dück (HKV)